... neuere Einträge
Eine feine Gesellschaft....
Am 18. Juni 2008
Sie ist freundlich. Wann immer ich dorthin komme um Post aufzugeben, irgendwo hinter den ganzen Regalen mit all den Konserven, Tütensuppen, Gefrierpizzas und was sich sonst noch an Wundern der Chemie in so einer Supermarkt- Filiale herumtreibt, lacht sie. Ich habe sie noch kein einziges Mal mit schlechter Laune erlebt. Egal ob am Morgen oder am Abend.
Sie ist fleißig. Eben schichtet sie noch Paletten mit Yoghurt ins Kühleregal, dann ist sie schon wieder mit dem Hubwagen und einer Palette Getränkekisten zwischen den Regalen unterwegs. Eben mal schnell nach vorne zur Kasse, weil ein Preis nicht stimmt? Kein Problem. Dann wieder fix zur Kollegin, der gerade die schweren Kisten mit tiefgefrorenen Pommes abzurutschen drohen. Sie wird so Anfang dreißig sein, schätze ich.
Ihre langen, dunkelbraunen Haare hat sie zu einem lockeren Pferdeschwanz zusammen gerafft. Sie ist aufmerksam – sieht wenn jemand irgend etwas sucht und hilft. Sie ist beinahe überall.
Sie ist blass. Ziemlich blass. Und sie ist schlank, sehr schlank. Eigentlich viel zu schlank.
Sie ist präsent, für jeden da, egal ob es der Lieferfahrer ist, der nicht weiß wo er seine Ware hinschaffen soll oder die alte Rentnerin, die ihre Brille vergessen hat und jetzt Schwierigkeiten hat, das Gesuchte zu finden. Und immer ist sie freundlich.
So schnell sie kann, kommt sie zu mir an den improvisierten Postschalter, der links von der Kühltheke mit Gehacktem und hoch aufgetürmten, verdächtig schillernden, marinierten Fleischlappen und rechts von dem Regal mit den Molkereiprodukten eingerahmt ist. Der Postschalter, an dem man Nachrichten in alle Welt aufgeben kann oder die Kiste mit den leeren Wasserflaschen los wird und dafür einen Pfandbon bekommt.
Sie lacht mich an wie jedes Mal wenn ich komme. Meistens ein mal am Tag. Hat ein nettes Wort für die alte Dame, die hinter mir steht und darauf wartet, ihr Paket abholen zu können.
Wir scherzen einen Moment. Plötzlich habe ich das Gefühl, dass sie noch blasser wird. Mit ihren schmalen, weißen Händen hält sie sich einen kurzen Moment am Posttresen fest, schließt die Augen. Sie holt Luft, zwei, drei mal.
„Entschuldigung“ sagt sie leise, „mir ist gerade etwas schlecht gewesen.“ Dann konzentriert sie sich darauf, meine Post zu frankieren. Ich schaue sie an und sage: „Sie sehen so aus als ob Sie ein Butterbrot mehr vertragen könnten. Sie müssen vielleicht ein kleines bisschen mehr essen!“
Ein kurzes Zucken umspielt ihre Mundwinkel, sie senkt den Kopf und frankiert weiter, dann stempelt sie meine Briefe.
„Ja,“ sagt sie leise, „ich weiß. Aber wovon? Diesen Monat habe ich noch 42 Euro zum Leben.“ Und noch leiser: „Ich war ja beim Amt. Wollte mir helfen lassen. Aber ich verdiene zehn Euro zu viel. Ich wollte ja nur mal wissen, ob ich vielleicht Anspruch auf etwas Hilfe habe. Aber die haben meinen Antrag abgelehnt, ich verdiene halt zehn Euro zu viel.“
Noch einmal scheint sie einen kurzen Moment inne zu halten. Dann stempelt sie energisch weiter und lacht mich verlegen an.
„Hauptsache meine Kinder sind satt. Da muss Mama halt manchmal ein bisschen Hungern!“
Und dann strahlt sie mich wieder an und gibt mir mein Wechselgeld. Und während ich meine Sachen sortiere, Geld und Quittung in der Börse verstaue, kommt ihr Chef, der Marktleiter, am Schalter vorbei. Knapp zwei Meter groß und knapp zwei Zentner schwer.
„Wenn Sie hier fertig sind, rollen Sie die Leergutpaletten hinten auf die Rampe! Der LKW kommt heute eine Stunde früher!“
Und geht kommentarlos weiter. Hört nicht mal, dass sie sagt: „Mache ich gleich, wenn ich hier fertig bin!“
Sie lacht mich noch mal an und ruft mir nach: „Bis morgen dann!“
Sie ist fleißig. Eben schichtet sie noch Paletten mit Yoghurt ins Kühleregal, dann ist sie schon wieder mit dem Hubwagen und einer Palette Getränkekisten zwischen den Regalen unterwegs. Eben mal schnell nach vorne zur Kasse, weil ein Preis nicht stimmt? Kein Problem. Dann wieder fix zur Kollegin, der gerade die schweren Kisten mit tiefgefrorenen Pommes abzurutschen drohen. Sie wird so Anfang dreißig sein, schätze ich.
Ihre langen, dunkelbraunen Haare hat sie zu einem lockeren Pferdeschwanz zusammen gerafft. Sie ist aufmerksam – sieht wenn jemand irgend etwas sucht und hilft. Sie ist beinahe überall.
Sie ist blass. Ziemlich blass. Und sie ist schlank, sehr schlank. Eigentlich viel zu schlank.
Sie ist präsent, für jeden da, egal ob es der Lieferfahrer ist, der nicht weiß wo er seine Ware hinschaffen soll oder die alte Rentnerin, die ihre Brille vergessen hat und jetzt Schwierigkeiten hat, das Gesuchte zu finden. Und immer ist sie freundlich.
So schnell sie kann, kommt sie zu mir an den improvisierten Postschalter, der links von der Kühltheke mit Gehacktem und hoch aufgetürmten, verdächtig schillernden, marinierten Fleischlappen und rechts von dem Regal mit den Molkereiprodukten eingerahmt ist. Der Postschalter, an dem man Nachrichten in alle Welt aufgeben kann oder die Kiste mit den leeren Wasserflaschen los wird und dafür einen Pfandbon bekommt.
Sie lacht mich an wie jedes Mal wenn ich komme. Meistens ein mal am Tag. Hat ein nettes Wort für die alte Dame, die hinter mir steht und darauf wartet, ihr Paket abholen zu können.
Wir scherzen einen Moment. Plötzlich habe ich das Gefühl, dass sie noch blasser wird. Mit ihren schmalen, weißen Händen hält sie sich einen kurzen Moment am Posttresen fest, schließt die Augen. Sie holt Luft, zwei, drei mal.
„Entschuldigung“ sagt sie leise, „mir ist gerade etwas schlecht gewesen.“ Dann konzentriert sie sich darauf, meine Post zu frankieren. Ich schaue sie an und sage: „Sie sehen so aus als ob Sie ein Butterbrot mehr vertragen könnten. Sie müssen vielleicht ein kleines bisschen mehr essen!“
Ein kurzes Zucken umspielt ihre Mundwinkel, sie senkt den Kopf und frankiert weiter, dann stempelt sie meine Briefe.
„Ja,“ sagt sie leise, „ich weiß. Aber wovon? Diesen Monat habe ich noch 42 Euro zum Leben.“ Und noch leiser: „Ich war ja beim Amt. Wollte mir helfen lassen. Aber ich verdiene zehn Euro zu viel. Ich wollte ja nur mal wissen, ob ich vielleicht Anspruch auf etwas Hilfe habe. Aber die haben meinen Antrag abgelehnt, ich verdiene halt zehn Euro zu viel.“
Noch einmal scheint sie einen kurzen Moment inne zu halten. Dann stempelt sie energisch weiter und lacht mich verlegen an.
„Hauptsache meine Kinder sind satt. Da muss Mama halt manchmal ein bisschen Hungern!“
Und dann strahlt sie mich wieder an und gibt mir mein Wechselgeld. Und während ich meine Sachen sortiere, Geld und Quittung in der Börse verstaue, kommt ihr Chef, der Marktleiter, am Schalter vorbei. Knapp zwei Meter groß und knapp zwei Zentner schwer.
„Wenn Sie hier fertig sind, rollen Sie die Leergutpaletten hinten auf die Rampe! Der LKW kommt heute eine Stunde früher!“
Und geht kommentarlos weiter. Hört nicht mal, dass sie sagt: „Mache ich gleich, wenn ich hier fertig bin!“
Sie lacht mich noch mal an und ruft mir nach: „Bis morgen dann!“
Permalink (1 Kommentar) Kommentieren
... ältere Einträge