***mittendrin und zwischendurch***
Donnerstag, 19. Juni 2008
Fürchtet Euch nicht...
Am 19. Juni 2008
zu wenig. Das endlose Mantra unserer Wirtschaftsführer und Politiker und Medien geht mir langsam auf den Keks. Wir, das einstmals gefürchtete Volk, sind zu einem Volk der verzagten Fürchter geworden. Nun kann ich – friedfertiger Zeitgenosse der ich bin – bestens darauf verzichten, gefürchtet zu werden. Aber genau so wenig Lust habe ich darauf, mich ständig fürchten zu müssen. Vor Schimmel im Spargelpaket, steigenden Energiekosten, vor dem Verlust einer Doppelbegabung wie Dieterchen Bohlen (der Mann kann weder singen noch schreiben) aus dem deutschen Subkulturbetrieb, vor Terroristen jeglicher Couleur und jetzt auch noch: vor den Linken.

Da sind Madame Nahles Mitarbeiterinnen nun essen gewesen. Wen wundert`s, das gehört zur täglichen Überlebensstrategie. Aber diese Mahlzeit soll in schlechter Gesellschaft stattgefunden haben, wie hier kolportiert wird. Ich frage mich, wieso?

Wieso wird eigentlich jedes Mal wenn die Rede auf die Linken kommt, so ein gewaltiges Geheul angestimmt, dass der Untergang der Demokratie drohe - oder von dem, was die Regierungen Kohl, Schröder und Merkel bislang davon übrig gelassen haben? Die Linken scheinen die Apokalypse des Abendlandes zu sein. Wer mit den Linken spricht, findet auch das muslimisch inspirierte Schlachtfest in der Waschküche in Ordnung oder reiht sich gar in die Reihe potentieller Attentäter und Schwerstverbrecher ein.

Mal ganz ehrlich: was wäre denn, wenn die Linken wirklich zu mehr Einfluss auf die deutsche Politik kämen? Erwartet jemand, dass sie die Mauer wieder errichten? Oder einen Krieg gegen Frankreich vom Zaune brechen? Amerika hinterrücks überfallen? Oder gar die europäische Zentralbank enteignen, um deren Vermögen einer noch zu gründenden Erich Honnecker - Gesellschaft einzuverleiben? Oder hat die Verteufelung der Linken vielleicht ganz andere Gründe?

Ich bin nun selbst weit davon entfernt ein echter Linker zu sein. Aber ehrlich gesagt ist es mir nach all den Jahren ziemlich schnuppe, ob Gregor nun bei Horch und Guck war oder nicht. Ich weiß ja auch nicht, wie viele der schnellgewendeten, reinwestigen Abgeordneten anderer politischer Altersversorgungsgruppierungen dort mitgewirkt haben.

Warum soll ich fürchten, dass die Linken die Demokratie abbauen angesichts eines überwachungswahnsinnigen Innenministers, der nun bereits mehrfach vom höchsten Gericht des Landes an den Ohren hochgehoben wurde?
Angesichts einer Kanzlerin, die mal bei den jungen Pionieren war und die es trefflich versteht dafür zu sorgen, dass einschlägiges Bildmaterial nicht an die Öffentlichkeit dringt.
Angesichts eines Oppositionsführers, dessen politisches Ziel darin bestehen zu scheint, endlich die von seiner Chefin aufgetragenen Hosenanzüge geschenkt zu bekommen.

Angesichts eines SPD–Vorsitzenden, dessen politische Weitsicht, Strategiefähigkeit und Führungsqualitäten mit dem Begriff „Mut zur Lücke“ nicht nur auf`s Trefflichste, sondern auch auf`s Höflichste umschrieben sind.

Angesichts einer grünen Partei mit ihrer Vorsitzenden Claudia Roth, der Mutter aller Feuchtbiotope, deren politische Visionen und Ideen so frisch sind, wie ein Ballen Maissilage im fünften Lagerjahr.

Angesichts eines Verteidigungsministers, der trotz höchstrichterlichem Verbot im Bedarfsfall mal eben ein gekapertes Flugzeug abschießen lassen möchte und dazu auch noch seine Angestellten öffentlich zum Gesetzesbruch auffordert.
Angesichts eines Innenministers, dessen Enkel heute schon darauf gespannt sind, wo sie den Umschlag mit den 100.000 Mark finden, die der Opa einfach verlegt und bis heute nicht wieder gefunden hat.

Angesichts einer Wirtschaftsordnung, deren Grundprinzip mittlerweile den Regeln der Sklavenhaltung entspricht. Mit dem Unterschied, dass der Sklavenhalter des achtzehnten Jahrhunderts für die Ernährung und Gesundheit seiner Sklaven verantwortlich war. Das darf der moderne Sklave im Zuge seiner neoliberalen Befreiung nun selbst erledigen. Dank eines Staates, der sich auf ebenso neoliberale Weise nicht nur aus seinen ureigensten wichtigsten Verpflichtungen seinen Bürgern gegenüber davonstiehlt und auch noch das über Generationen hinweg gesammelte Tafelsilber auf dem Flohmarkt verscherbelt.

Die Liste ließe sich fortsetzen. Und sie ist der Grund dafür, dass ich mich vor den Linken nicht fürchte. Aber könne es sein, dass diejenigen, die Furcht predigen, selbst die Ängstlichsten sind? Weil der Verlust von Pfründen, die Vertreibung aus dem Paradies der sich von selbst füllenden Sparschweinchen droht? Und zum Wohle dieses Landes kann ich nur hoffen, dass ihre Ängste begründet sind! Zeit wird es jedenfalls!

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