***mittendrin und zwischendurch***
Donnerstag, 21. Mai 2009
Ausgerechnet jetzt...
Am 21. Mai 2009
Das Aufstöhnen des Piloten, wenn beim Start die Triebwerke ausfallen. Aber so ist das. Es passiert immer dann, wenn nix passieren darf. So auch mit dem Auto. Mit dem eine wichtige, lange Fahrt unternommen werden sollte. Termine und so.

Der bis dato brave Blechesel bockt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Spötter hätten den Spruch vom Känguruh - Sprit zitiert. Mal ein bisschen fahren, dann wieder nicht. Bergauf schneller als bergab. Zickenkram. Nach mehreren Versuchen den Mann mit den gelben Händen gerufen. Kommt nach einer guten Stunde angeflogen. Viel Kundschaft heute. Tag des bockigen Automobils. Tragbares Rechenwunder per digitaler Nabelschnur mit dem Blechesel verstöpselt.

„Wo tut`s denn weh?“
„Weiß nicht recht, überall und nirgends!“

Der Fehler sind viele möglich. Sagt das Rechenwunder. Und der gelbe Mann. Fangen wir halt mal oben an. Stecker korrodiert. Am automatischen Getriebe. Das Gehirn vom Auto kriegt nicht mit, ob es steht oder fährt. Das Auto. Heilung scheint möglich. Aber der gelbhändige Mann rät dringend, den Ölstand zu prüfen lassen. Vom Getriebe, dem automatischen. Denn die sind teuer, wenn eine Transplantation erforderlich wird. Inzwischen ist es dunkel, Tag und Termin sind eh futsch. Also morgen vor der großen Reise prüfen lassen. Dauert nur fünf Minuten. Auto auf Hebebühne, Schraube locker, prüfen, fertig.

Werkstatt im Dorf. Ehemalige Dorfschmiede. Romantisch angeordnete Blechskulpturen in verschiedenen Deformationszuständen, mit und ohne Räder. Betriebseigene Gokartrennstrecke mit Altreifen abgesteckt, Schlammspaß inklusive. Gesamtkunstwerk des Neorealismus. Hopper lässt grüßen.

Der Dorfschmied, äh, Mechaniker führt wichtige Gespräche. Mit dem Nachbarn. Ob es heute regnet oder nicht. Nöö, keine Zeit für den Kunden. Vermutlich strahlt das extrem beruhigende Karma der tausendjährigen Linde auf dem benachbarten Friedhof bis ins tiefste Innere der Schrauberhöhle. Gut Ding will Weile haben. Termine sind nicht wichtig, jedenfalls nicht ihm. Und diese ständige Hatz. Er schiebt die Daumen hinter die Träger der vollprofessionell ölbefleckten Latzhose. Aber das Auto könnte ja mal eine Weile da bleiben schlägt er vor. Fraglich, ob rumlungern in Strandnähe das Problem wirklich löst. Das Problem vom Auto natürlich.

Also gesattelt und in die Stadt gefahren. Zu der Werkstatt, die alles im sofort und prompt erledigt. Egal, wo immer in dieser Republik. Schwarz rotes Firmenschild, drei Buchstaben. Klar sagt der freundliche Jungmanager hinter dem Tresen. Sofort, bitte Platz nehmen. Vorher natürlich noch Auftrag ausfüllen, Papierkrieg. Kosten so um die vierzig Öre, wenn nix anderes krank ist und unsere Schraube locker ist. Also leicht raus geht.

Nach einer knappen Stunde blättern in bunten Magazinen mit langbeinigen Fabelwesen, die ihr Gehirn offensichtlich in den ans Bein gelehnten Breitreifen mit verchromten Prollfelgen haben, leichte Unruhe. Von wegen Termin, inzwischen neu vereinbart, und langer Fahrt.

„Ach ja.“ Sagt der managende Halbmechaniker. Und dann: „Tut uns leid. Aber wir haben kein Automatiköl!“ Wie bitte? Der Baumarkt um die Ecke hat so viel davon, dass er das Zeugs verkauft. Nach zwei Stunden ein herausragendes Ergebnis. Kunde säße vermutlich noch nach vier Wochen Blondinenblätternd in der Wartezone und wäre entweder verhungert oder inventarisiert. Auto Trottel Unverzagt....

Nächste Station: das Autohaus der betreffenden Marke. Dialog – Annahme. Wobei der Dialog eher ein Monolog des annehmenden Meisters ist. Der mit sorgenumwölkter Stirn und voodomässig gemurmelten Beschwörungen das Fahrzeug rituell umschreitet. Den Kunden schon mal einer ersten psychiatrischen Notfallbehandlung unterzieht. Von wegen nur nachsehen. Nur mal so. Das kann ein ganz böser Fehler sein. Vermutlich nur mit dem Austausch des ganzen Getriebes zu beheben. Schließlich wird hier ganze Arbeit geleistet. Man werde sehen. Papierkrieg? Dem Meister erscheinen auf seltsame Weise Dollarzeichen auf der Pupille. Kosten? Mindestens achtzig Öre, für`s gucken. Heilung vermutlich aber wenigstens das Hundertfache.

Das Dialogritual nimmt seine Zeit in Anspruch. Irgendwie muss man sich ja von der Konkurrenz unterscheiden. Und wenn es nur die besonders lange spirituelle Vorbehandlung ist. Aber so ein neues Getriebe will schließlich verkauft sein. Und der Kunde soll in jedem Fall das Gefühl haben, auf hohem Niveau verarscht worden zu sein. Wenn schon, denn schon.

Der Kunde flieht. Samt lieb gewordenem Blechesel, der eigentlich wieder ganz normal schnurrt, nach dem der kluge Mann die gelben Hände heilend aufgelegt hat.

Und dann ist da noch die kleine Werkstatt auf dem Hinterhof. Neben dem alten Antiquitätenladen. Klar doch. Esel auf Bühne, Schraube locker, alles paletti, Schraube fest. Esel runter. Fertig. Kosten acht Öre, Kunde legt beglückt die gleiche Summe für in die Kaffeekanne, äh Kasse drauf. Esel, Kunde und Pfiffikus Mechanikus glücklich.

Ansonsten: wir sind doch nicht blöd!

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