***mittendrin und zwischendurch***
Dienstag, 7. Februar 2012
Andante con Telefono
Am 07. Februar 2012
Was haben sich die Ingenieure nicht alles einfallen lassen, um den Hosensackfernsprecher, im Volksmund auch Handy genannt, immer kleiner und unauffälliger werden zu lassen. Schlanker, dünner und Funktionen, von denen kaum ein Nutzer zu träumen wagte, der sich in den Anfangszeiten der mobilen Telefonie mit kiloschweren Apparaten vom Format eines kleinen Gefrierschranks abquälte. Unter günstigen Umständen konnte man sogar damit telefonieren, wenn man im Einzugsbereich einer größeren Stadt war. Wer hätte damals gedacht, dass aus den unförmigen Kisten, die dennoch Kultstatus hatten, weil schon der Preis eine gewisse Exklusivität verlieh, eines Tages mobile Taschenfernseher, Preisvergleichsmaschinen, elektronische Zeitungen, Briefkästen für Social Networking Systems, Email Maschinen, Radios und Fotoapparate in Einem werden würden. Ach ja – ehe ich es vergesse, auch telefonieren soll man sogar heute noch damit können.

Während die Geräte schrumpften und schrumpften, machte sich eine Horde von Programmieren daran, die Existenz der Miniaturwunder durch eine halbe Million mehr oder minder nerviger Klingeltöne nachzuweisen. Wer hat nicht schon die Stirn gerunzelt, wenn in der Oper gerade während der Arie der Königin der Nacht zwei Sitzreihen weiter hinten ein unterdrückter Radetzkymarsch aus einer Anzugtasche schepperte. Jahrelang feilten Programmierer an bellenden Handys, an Klingeltönen, die muhende Kühe, gackernde Hühner, den letzten Song von der Hitliste der Volksmusik und viele andere akustische Parforcestücke darboten. Jedem Handynutzer sein eigener Klingelton schien die Devise zu lauten.

Und dennoch – es zeichnet sich ab, dass ein Klingelton sich zum ganz besonderen Renner entwickelt: das schrille Läuten der Glocke des guten alten Bakelittelefons. Erinnern Sie sich noch an den Lärm, den Dinger machten? Selbst die taube Großmutter nahm nach zehn Minuten des ohrenbetäubenden Krachs wahr, dass man versuchte, sie telefonisch zu erreichen. Warum ausgerechnet diese Klingeltonpest immer häufiger aus Hand- und Hosentaschen scheppert, lässt sich meiner Meinung nach nur mit dem Wegfall eines in den Anfangszeiten der Hosentaschentelefonie beliebten Service erklären: wer demonstrieren wollte, wie wichtig er sei, konnte das mit bestellten Blindanrufen unter Beweis stellen. Ein „oh – mein Handy ruft nach mir“ zur rechten Zeit angebracht, sorgte für Bewunderung und Ehrfurcht. In heutigen Zeiten, in denen das Handy nicht mehr zur Profilierung taugt, ist es wohl der akustisch – nostalgische Rückblick. Aber ich bin sicher – es wird nicht lange dauern, bis wir neue Handys haben, die mit überraschenden Funktion aufwarten und dem Besitzer uneingeschränkte Bewunderung verschaffen.

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