***mittendrin und zwischendurch***
Wixxer - TV...
Am 15. September 2008
Ich dachte ja immer, dass das Niveau der deutschen Fernsehunterhaltung schon längst weitaus tiefer sei, als die Höhe einer Scheibe Salami (flach liegend!). Neudeutsch "Talkshow" genannte Blödsprech-Veranstaltungen als Ersatz für eigene Unterhaltung, Kochshows, die den staunenden Zuschauer dazu bringen, sich die Wampe mit Chips vollzuschlagen, weil man den Sterneköchen ja zugucken muss und deswegen selbst keine Zeit für die Zubereitung einer menschenwürdigen Mahlzeit hat, grottendämliche Ratespiele um so begehrenswerte Preise wie die "Tranfunzel des Nordens", all das ist ja sattsam bekannt.

Über sinn- und hirnbefreite Sendungen wie den Zusammenschnitt von unfreiwilligen Stunts um Hochzeitstorten und Skipisten auf Privatvideos konnte man ja hin und wieder wenigstens noch lächeln. Nicht mehr lachen kann ich über die jetzt um sich greifende Masche à la Wixxer - TV. Sendungen die sich aus Denunziantentum, Schadenfreude und dumpfbackigem Gedankengut speisen.

Was mag wohl interessant daran sein, den POm Fritz (Polizei - Obermeister Fritz) dabei zu beobachten, wie er Knöllchen für nicht absteigende Radfahrer oder leichtsinnige unangeschnallte Autofahrer verteilt? Wie er das bedauernswerte, leider sturzbetrunkene Ergebnis unserer sozialen Fortschritte aus dem Bahnhof verweist. Oder unter behördlichem Großeinsatz, mit nicht nachprüfbaren Personalkosten, gesetzeswidrig den Hosensackfernsprecher während der Fahrt nutzende Möchtegern-Terroristen aus dem Verkehrsfluss fischt und sie mit Knöllchen beaufschlagt. Gleichzeitig darüber klagend, dass auch die Zahlungsmoral inzwischen eine Schlechte sei, weil "früher deutlich mehr bar bezahlt wurde, heute wollen sie alle einen Überweisungsträger!"

Was mag daran interessant sein, ein fröhliches Grüppchen wohlbestallter Zollbeamter beim Öffnen von Sendungen über die Schulter zu schauen, die mal unverzollte Glimmstängel, mal das eine oder andere exotische Liebeshilfswerkzeug aus Fernost enthalten. Wobei letztere Szene mit besonderer Inbrust aus drei Perspektiven wiederholt wurde. Dazu die fröhlichen Kommentare der wackeren Darsteller. Natürlich nur um die Einfuhr von staatsgefährdender Konterbande zu verhindern.

Eine verschärfte Variante davon ist eine Sendung, die den Zuschauer fiebernd an der Jagd auf Sozial-Schmarotzer teilhaben lässt. Da fahren zwei Typen durch die Gegend, denen ich auf dem Markt nicht mal ein Pfund faule Bananen abkaufen würde und produzieren sich in einer derart widerwärtigen Weise als "Recht und Gesetz", dass es einem schier den Atem verschlägt. Sozialjames Bond im Kampf gegen die überversorgten Prekarier, begleitet von der Lara Croft der Stützeempfänger. Die sich mit Dialogen wie "also wir haben da jetzt einen Hinweis bekommen, dass Frau "*****" die von uns volle Leistung bezieht, womöglich leistungsfähiger ist, als wir uns das gedacht haben"... Worauf Sozialjames schlagfertig antwortet:" Also ich würde mal denken..... "
Ach, wenn er das doch bloß könnte!
Da dringen die Herrschaften dann in die Privatsphäre ihrer Opfer ein, pardon, muss natürlich heissen "der Delinquenten und Verbrecher", und walten ihres Amtes. Während die Ertappten sich in Pixelklötzchen auflösen.
Schade eigentlich, denn man könnte ja gleich noch eine neue Sendung starten: Mallorca-Helmut geht am Stock - oder gleich: "Strafcamp - Report".
Um das klar zu sagen: ich bin auch nicht dafür, dass "Leistungsempfänger" gleichzeitig Großbäckerein et al betreiben. Ich bin nicht dafür, dass die letzte südindische Dingsdaschlange getrocknet hierzulande eingeführt wird um sich künftig um die Taille einer Partymatratze zu schmiegen.
Aber es kotzt mich an und macht mich wütend, wenn solche Sendungen den Eindruck erwecken wollen, in diesem Lande stimme die Staatskasse nur deshalb nicht, weil Lisa P. Stütze bezieht und trotzdem schwarz Brötchen verkauft. Der mit solcherart "Unterhaltung" verbundene Voyeurismus, das dahinter stehende Denunziantentum ist ebenso widerlich wie ein Staat, der es zulässt, dass seine Bediensteten sich als Möchtegern-Promis und Laiendarsteller versuchen. Fließen da eigentlich Honorare? Und wer kassiert die?

Ich wünschte mir Fernsehteams in den Amtsstuben dieser Republik, die darüber berichten wie Regierungssekretär S. und seine Spezln Steuergelder und Subventionen "umschichten". Warum kann sich eine Fernsehteam nicht mal mit der Frage beschäftigen, was einer wie Josef Ackermann mit all seiner privaten Knete macht? Der jährliche Bericht des Bundesrechnungshofes liefert Material für tausende Stunden Videomaterials über grauenvollste Ereignisse und Fakten.

Ich wüsste eine Menge Themen, die mich weitaus mehr interessieren würden, als ein paar polnische Glimstängel in filzigen Herrensocken getarnt. Aber solche Sendungen würden wohl dem gleich kommen, was mal einer der Oberspezln "einen Abgrund an Landesverrat" genannt hat.

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