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Angewandte Püschologie
Am 02. August 2007
Schon seit längerem verfolge ich Diskussionen zwischen Bärenkennern und Bärenverächtern. Die einen schwören auf Bären, die anderen lachen und behaupten, es handele sich um nichts anderes als Plüsch. Meiner Meinung nach hat, wer behauptet ein Plüschbär sei nichts anderes als Plüsch, denselben im Kopf. Also den Plüsch. Vielleicht aber auch Stroh. Möglicherweise auch einen Knopf im Ohr aus dem ihm ständig irgendwelche hirnzersetzende Geräusche in den Gehörgang gefüllt werden. Dann muss ja so eine Ignoranz dabei heraus kommen. Bärenfreunde wissen dass jeder einzelne Bär seinen Charakter, seine ganz besonderen Eigenschaften hat. In der Regel teilt er die nur seinem Besitzer, oder besser, seinem Kumpel mit. Den für einen Plüschbären sind wir schliesslich auch nichts anderes als ein Plüschmensch. Eine besonders bedauernswerte Spezies deren Fell vor allem im Alter stark von Ausfallserscheinungen bedroht wird und das ganz ohne großartig bespielt worden zu sein. Einfach nur so. Und deswegen braucht der Mensch so eine Menge Trost und Aufmunterung vom Bären.
Unter Bärenfreunden weit verbreitet ist allerdings die irrige Meinung, dass jeder Bär auf die gleiche Art Liebkosung reagiere. Man müsse da keine grossen Unterschiede machen. Was das betreffe sei jeder Plüschbär wie der andere. Dass dem nicht so ist soll heute mit einer kleinen Einführung in die angewandte Püschologie demonstriert werden. Für unsere kleine Einführung haben sich freundlicher Weise einige meiner Kumpels zur Verfügung gestellt:
Wenn ich kurz vorstellen darf: hinten links sitz Kleiner. Den Namen hat er bekommen als ihn die Verkäuferin des Möbelhauses, aus dem ich ihn vor vielen Jahren gerettet habe, einpacken wollte und dabei zu ihm sagte: "Na dann komm mal, mein Kleiner!" Kleiner hat zwar ziemlich heftig protestiert aber das hat ihm nichts geholfen. Neben Kleiner sitzt McBär, eine schottische Spezies die gerne mal an meinem Whisky nippt, ansonsten aber recht verträglich ist seit dem ich ihm den Zahn gezogen habe dass er ein begnadeter Dudelsackspieler sei. In der vorderen Reihe von links nach rechts sind zu sehen Stups, dessen Nasenstüber durchaus kräftig sein können, daneben Däumling und Zottel, ein wildplüschiger Seitenohrenbär und last but not least Öhrchen. Öhrchen ist ein friedlicher Geselle der sich vor allem dadurch beliebt und nützlich macht dass er sich geradezu perfekt über das Ohr seines gequälten Menschen schmiegen kann und auf diese Weise das nervige Geräusch eines Weckers im Keime erstickt.
Schon der Anblick dieses kleinen Rudels mit seiner vielfältigen Mimik, seinen unterschiedlichen Gesichtsausdrücken muss eigentlich klar machen dass man nicht alle Plüschbären über einen Kamm scheren kann und darf. Deutlicher noch wird es unter dem Gesichtspunkt der angewandten Püschologie. Macht mal einen Kopfstand Jungs, dafür gibts auch einen Extralöffel Lavendelhonig. Alleeeeeez Hoppp!

Und jetzt wird sichtbar dass Bären sich durchaus in unterschieldiche Gruppen einordnen lassen. Kleiner, also der links oben, gehört zur Gruppe der Horizontal-Flachpüschler. Sein Püschel liegt waagerecht und wippt von oben nach unten, oder umgekehrt wenn er ganz besonders gute Laune hat. Horizontalflachpüschler mögen es wenn ihr Püschel sanft zwischen zwei Fingern massiert wird. Schon ein leichtes Zwirbeln genügt um den Horizontalflachpüschler zu sonorigem, wohligem Brummen zu bringen. McBär rechts daneben gehört wie unschwer zu erkennen ist in die Gruppe der Schein- oder Ohnepüschler. Wer allerdings glaubt dass ein Ohnepüschler wirklich ohne Püschel wäre der irrt sich gewaltig. Das Püschelorgan liegt beim Schein- oder Ohnepüschler subkutan, ist also unter dem Fell sorgsam verborgen. Evolutionspüschler, ähh, pardon, Evolutionsforscher der Püschologie vermuten dass dies eine spezielle genetische Entwicklung ist die vor allem verhindern sollte dass kleine Kinder zu sehr am Bärenpüschel ziehen oder gar in der Türe eingeklemmt werden. Also der Püschel natürlich!
Öhrchen, links unten, gehört eindeutig zur Gruppe der Vertikalflachpüschler. Bei dieser Spezies sitzt der Püschel wie der Name sagt so, dass er von rechts nach links wedelt oder umgekehrt wenn der Püschel, ähh, der Bär gute Laune hat. Vertikalflachpüschler mögen es ausserordentlich wenn man mit zwei Fingerspitzen sanft an der Wurzel des Püschels auf und ab fährt und dabei leicht kreisende Bewegungen macht. Ergänzt der Püschelmasseur die Massage durch ein sanftes, regelmässig ins Bärenohr geflüstertes "Ommm" wird sich die entspannende Wirkung auf Püschel, Bären und Püschelmasseur schnell einstellen. Stups rechts aussen gehört zur Gruppe der Knopf- oder Rundpüschler. Sozusagen die Krone der Püschologie, ähh der evolutionären Püschelentwicklung. Er kann mit seinem Püschel in alle Richtungen wedeln so dass es dem ungeübten Püschelforscher rasch ganz puschelig werden kann wenn er nicht aufpasst.
Schon diese kleine Einführung beweist also deutlich: es gibt deutliche Unterschiede von Püschel zu Püschel und jeder will anders behandelt werden. Leider konnte der Verfasser dieser kleinen Einführung in die angewandte Püschologie nicht verhindern dass sich Zweli, der zur Gruppe der vorwitzigen mausgrauen Möchtegernpüschler gehört, ins Bild geschmuggelt hat. Ich soll ausrichten dass ein kleiner Plüschelefant eben auch nichts anderes als ein Plüschbär sei. Und schön grüssen!
Unter Bärenfreunden weit verbreitet ist allerdings die irrige Meinung, dass jeder Bär auf die gleiche Art Liebkosung reagiere. Man müsse da keine grossen Unterschiede machen. Was das betreffe sei jeder Plüschbär wie der andere. Dass dem nicht so ist soll heute mit einer kleinen Einführung in die angewandte Püschologie demonstriert werden. Für unsere kleine Einführung haben sich freundlicher Weise einige meiner Kumpels zur Verfügung gestellt:

Wenn ich kurz vorstellen darf: hinten links sitz Kleiner. Den Namen hat er bekommen als ihn die Verkäuferin des Möbelhauses, aus dem ich ihn vor vielen Jahren gerettet habe, einpacken wollte und dabei zu ihm sagte: "Na dann komm mal, mein Kleiner!" Kleiner hat zwar ziemlich heftig protestiert aber das hat ihm nichts geholfen. Neben Kleiner sitzt McBär, eine schottische Spezies die gerne mal an meinem Whisky nippt, ansonsten aber recht verträglich ist seit dem ich ihm den Zahn gezogen habe dass er ein begnadeter Dudelsackspieler sei. In der vorderen Reihe von links nach rechts sind zu sehen Stups, dessen Nasenstüber durchaus kräftig sein können, daneben Däumling und Zottel, ein wildplüschiger Seitenohrenbär und last but not least Öhrchen. Öhrchen ist ein friedlicher Geselle der sich vor allem dadurch beliebt und nützlich macht dass er sich geradezu perfekt über das Ohr seines gequälten Menschen schmiegen kann und auf diese Weise das nervige Geräusch eines Weckers im Keime erstickt.
Schon der Anblick dieses kleinen Rudels mit seiner vielfältigen Mimik, seinen unterschiedlichen Gesichtsausdrücken muss eigentlich klar machen dass man nicht alle Plüschbären über einen Kamm scheren kann und darf. Deutlicher noch wird es unter dem Gesichtspunkt der angewandten Püschologie. Macht mal einen Kopfstand Jungs, dafür gibts auch einen Extralöffel Lavendelhonig. Alleeeeeez Hoppp!

Und jetzt wird sichtbar dass Bären sich durchaus in unterschieldiche Gruppen einordnen lassen. Kleiner, also der links oben, gehört zur Gruppe der Horizontal-Flachpüschler. Sein Püschel liegt waagerecht und wippt von oben nach unten, oder umgekehrt wenn er ganz besonders gute Laune hat. Horizontalflachpüschler mögen es wenn ihr Püschel sanft zwischen zwei Fingern massiert wird. Schon ein leichtes Zwirbeln genügt um den Horizontalflachpüschler zu sonorigem, wohligem Brummen zu bringen. McBär rechts daneben gehört wie unschwer zu erkennen ist in die Gruppe der Schein- oder Ohnepüschler. Wer allerdings glaubt dass ein Ohnepüschler wirklich ohne Püschel wäre der irrt sich gewaltig. Das Püschelorgan liegt beim Schein- oder Ohnepüschler subkutan, ist also unter dem Fell sorgsam verborgen. Evolutionspüschler, ähh, pardon, Evolutionsforscher der Püschologie vermuten dass dies eine spezielle genetische Entwicklung ist die vor allem verhindern sollte dass kleine Kinder zu sehr am Bärenpüschel ziehen oder gar in der Türe eingeklemmt werden. Also der Püschel natürlich!
Öhrchen, links unten, gehört eindeutig zur Gruppe der Vertikalflachpüschler. Bei dieser Spezies sitzt der Püschel wie der Name sagt so, dass er von rechts nach links wedelt oder umgekehrt wenn der Püschel, ähh, der Bär gute Laune hat. Vertikalflachpüschler mögen es ausserordentlich wenn man mit zwei Fingerspitzen sanft an der Wurzel des Püschels auf und ab fährt und dabei leicht kreisende Bewegungen macht. Ergänzt der Püschelmasseur die Massage durch ein sanftes, regelmässig ins Bärenohr geflüstertes "Ommm" wird sich die entspannende Wirkung auf Püschel, Bären und Püschelmasseur schnell einstellen. Stups rechts aussen gehört zur Gruppe der Knopf- oder Rundpüschler. Sozusagen die Krone der Püschologie, ähh der evolutionären Püschelentwicklung. Er kann mit seinem Püschel in alle Richtungen wedeln so dass es dem ungeübten Püschelforscher rasch ganz puschelig werden kann wenn er nicht aufpasst.
Schon diese kleine Einführung beweist also deutlich: es gibt deutliche Unterschiede von Püschel zu Püschel und jeder will anders behandelt werden. Leider konnte der Verfasser dieser kleinen Einführung in die angewandte Püschologie nicht verhindern dass sich Zweli, der zur Gruppe der vorwitzigen mausgrauen Möchtegernpüschler gehört, ins Bild geschmuggelt hat. Ich soll ausrichten dass ein kleiner Plüschelefant eben auch nichts anderes als ein Plüschbär sei. Und schön grüssen!
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Ein Fass ohne Boden...
Am 01. August 2007
... habe ich vom Großvater geerbt. Gut - es ist kein richtiges Fass, nicht mal ein Fässchen. Sondern eine Messingschale. Mitgebracht hat er sie so um das Jahr 1915 herum aus Constantinopel, das uns heute als Istanbul bekannt ist. Wer damals reiste hatte nicht nur das unvergleichliche Vergnügen wirklich zu reisen und nicht als Transportsache behandelt zu werden. Davon zeugt nicht nur ein gewaltiger Schrankkoffer sondern auch vielfältige Dokumente wie zum Beispiel ein von Kemal Atatürk unterzeichnetes Visum und ein meinem Großvater nach erfolgreicher Mission übereignetes Originalfoto des gleichen Herrn. Wer reiste musste auch berichten, erzählen. Denen, die zu Hause bleiben musste er einen möglichst detailgenauen und eindrucksvollen Bericht des Erlebten liefern. Das Wort Diaabend war ebenso unbekannt wie das Wort Digitalkamera oder gar Camcorder. Ein halbwegs brauchbarer Fotoapparat war damals einen knappen halben Zentner schwer, vom erforderlichen Zubehör zur Anfertigung von Lichtbildern mal ganz abgesehen. Das war nichts für einen Reisenden der sich anschickte von der Metropole Kleinasiens aus nach Bodenschätzen in der Wüste zu suchen.
Der Reisende also deckte sich ein mit einer kleinen Broschüre, die auf fünfundzwanzig Kartonseiten in sorgsam handcolorierten Lichtdrucken einen optischen Eindruck des bereisten Landes vermitteln konnte. Billig war das seinerzeit sicher auch in Constantinopel nicht. Und dann machte man sich auf um noch das eine oder andere Mitbringsel zu finden, das denen zu Hause eine Freude machen würde. Und so kam mein Großvater wohl in den Besitz besagten Fasses, das ein Wasserschale aus Messing ist.

Nun ist das nicht irgendeine Messingschale. Dieses Stück ist weit von dem entfernt was dem heutigen Touristen dort als Souvenir verhökert wird. Weit entfernt von billiger Massenware, zu Tausenden auf irgendeiner Stanze zusammen geschustert und dann mit hastiger Hand ein wenig auf orientalisch getrimmt.

Irgendwo in einem der Souks musste jemand, nennen wir ihn einfach mal Ibrahim, im Schweisse seines Angesichts tagelang, ja wochenlang an dieser Schale gearbeitet haben. Sie liegt schwer in der Hand, hat die Haptik eines zu groß geratenen Handschmeichlers. Wenn man mit der Fingerspitze über die Innenseite fährt spürt man, dass man hier ein Stück feinsten Gürtlerhandwerks in der Hand hat. Man kann spüren welcher Kraft es bedurft haben musste ein Stück dickes, flaches Messingblech langsam aber sicher zu einem Halbrund, einer Schale zu formen. Weil es damals gottseidank noch keine Computergesteuerten Drehbänke gab spürt man die einzelnen Arbeitsschritte, die nötig waren um dieses Stück zu formen, heute noch. Und nach dem Formen ging es ans Verzieren.
Stück für Stück wurde die Mesingschale mit Stichel und Hammer mit einer geradezu atemberaubenden Ornamentik geschmückt. Eine Schale die zu nichts anderem gedacht war als damit Wasser zu schöpfen und zu trinken. Irgendwo auf dem Markt, vielleicht in einem Café. Oder durch einen Wasserträger. Einem ganz profanen Gegenstand des alltäglichen Gebrauchs wurde höchste kunsthandwerkliche Aufmerksamkeit zuteil.
Die Schale war fast fertig gestellt als Ibrahim ein kleiner Fehler unterlaufen sein muss. Vielleicht hat ihn eine vorbei schlendernde hübsche constantinopler Dame angelächelt. Vielleicht spielte sich draussen vor seinem Laden etwas ab was seine Aufmerksamkeit von seinem Werkstück ablenkte. Jedenfalls muss er in dem sich wie ein Mäander um den Fuss der Schale ziehenden Schmuckband einmal etwas zu fest zugeschlagen haben. Was zur Folge hatte das dort ein winziges Stück Messing heraus brach, von der Grösse eines Stecknadelkopfes. Und damit war die Schale für Ibrahim wertlos. Flicken oder Löten verbot die handwerkliche Ehre. Pfusch konnte man dem Kunden nicht andrehen.

Für Ibrahim war die Schale damit wertlos, die ganze Arbeit umsonst. Bis plötzlich diese Fremden bei ihm vor der Werkstatt standen, sich für sein Handwerk, seine Waren interessierten. Und weil damals das Budget eines Ferneisenden sicher auch beschränkt war und man ja mehr als eine Person beschenken musste kam es zu einem Geschäft. Einem Geschäft das ganz sicher auch Ibrahim zufrieden stellte denn einem Fremden etwas zu verkaufen das eigentlich wertlos war, das war immer ein gutes Geschäft. Woran zu erkennen ist dass der Wert einer Sache auch und vor allem von demjenigen abhängt der sie haben möchte.
Jedenfalls ging es mit dem Wert der Schale nun bergauf. Noch heute berichtet sie von einer strapaziösen aber wundervollen Reise in den Orient. Von der Freude welche die damit Beschenkten, in diesem Falle meine Großmutter, damit hatte. Von meiner Kindheit denn neben vielen anderen geheimnisvollen Dingen stand auch diese Schale mit ihren verwirrenden Ornamenten im Arbeitszimmer meines Großvaters wo ich sie immer wieder in meinen Händen hielt und bestaunte. Heute steht sie auf meinem Schreibtisch. Hilft mir gelegentlich Ordnung zu halten wenn Büroklammern ausser Rand und Band geraten. Und vor allem erinnert sie mich daran über den Wert von Dingen nachzudenken. In einer Zeit in der alles auf kurzfristigen Verbrauch, auf Hopp und Ex ausgerichtet ist das nützlich. Finde ich jedenfalls.
Der Reisende also deckte sich ein mit einer kleinen Broschüre, die auf fünfundzwanzig Kartonseiten in sorgsam handcolorierten Lichtdrucken einen optischen Eindruck des bereisten Landes vermitteln konnte. Billig war das seinerzeit sicher auch in Constantinopel nicht. Und dann machte man sich auf um noch das eine oder andere Mitbringsel zu finden, das denen zu Hause eine Freude machen würde. Und so kam mein Großvater wohl in den Besitz besagten Fasses, das ein Wasserschale aus Messing ist.

Nun ist das nicht irgendeine Messingschale. Dieses Stück ist weit von dem entfernt was dem heutigen Touristen dort als Souvenir verhökert wird. Weit entfernt von billiger Massenware, zu Tausenden auf irgendeiner Stanze zusammen geschustert und dann mit hastiger Hand ein wenig auf orientalisch getrimmt.

Irgendwo in einem der Souks musste jemand, nennen wir ihn einfach mal Ibrahim, im Schweisse seines Angesichts tagelang, ja wochenlang an dieser Schale gearbeitet haben. Sie liegt schwer in der Hand, hat die Haptik eines zu groß geratenen Handschmeichlers. Wenn man mit der Fingerspitze über die Innenseite fährt spürt man, dass man hier ein Stück feinsten Gürtlerhandwerks in der Hand hat. Man kann spüren welcher Kraft es bedurft haben musste ein Stück dickes, flaches Messingblech langsam aber sicher zu einem Halbrund, einer Schale zu formen. Weil es damals gottseidank noch keine Computergesteuerten Drehbänke gab spürt man die einzelnen Arbeitsschritte, die nötig waren um dieses Stück zu formen, heute noch. Und nach dem Formen ging es ans Verzieren.
Stück für Stück wurde die Mesingschale mit Stichel und Hammer mit einer geradezu atemberaubenden Ornamentik geschmückt. Eine Schale die zu nichts anderem gedacht war als damit Wasser zu schöpfen und zu trinken. Irgendwo auf dem Markt, vielleicht in einem Café. Oder durch einen Wasserträger. Einem ganz profanen Gegenstand des alltäglichen Gebrauchs wurde höchste kunsthandwerkliche Aufmerksamkeit zuteil.
Die Schale war fast fertig gestellt als Ibrahim ein kleiner Fehler unterlaufen sein muss. Vielleicht hat ihn eine vorbei schlendernde hübsche constantinopler Dame angelächelt. Vielleicht spielte sich draussen vor seinem Laden etwas ab was seine Aufmerksamkeit von seinem Werkstück ablenkte. Jedenfalls muss er in dem sich wie ein Mäander um den Fuss der Schale ziehenden Schmuckband einmal etwas zu fest zugeschlagen haben. Was zur Folge hatte das dort ein winziges Stück Messing heraus brach, von der Grösse eines Stecknadelkopfes. Und damit war die Schale für Ibrahim wertlos. Flicken oder Löten verbot die handwerkliche Ehre. Pfusch konnte man dem Kunden nicht andrehen.

Für Ibrahim war die Schale damit wertlos, die ganze Arbeit umsonst. Bis plötzlich diese Fremden bei ihm vor der Werkstatt standen, sich für sein Handwerk, seine Waren interessierten. Und weil damals das Budget eines Ferneisenden sicher auch beschränkt war und man ja mehr als eine Person beschenken musste kam es zu einem Geschäft. Einem Geschäft das ganz sicher auch Ibrahim zufrieden stellte denn einem Fremden etwas zu verkaufen das eigentlich wertlos war, das war immer ein gutes Geschäft. Woran zu erkennen ist dass der Wert einer Sache auch und vor allem von demjenigen abhängt der sie haben möchte.
Jedenfalls ging es mit dem Wert der Schale nun bergauf. Noch heute berichtet sie von einer strapaziösen aber wundervollen Reise in den Orient. Von der Freude welche die damit Beschenkten, in diesem Falle meine Großmutter, damit hatte. Von meiner Kindheit denn neben vielen anderen geheimnisvollen Dingen stand auch diese Schale mit ihren verwirrenden Ornamenten im Arbeitszimmer meines Großvaters wo ich sie immer wieder in meinen Händen hielt und bestaunte. Heute steht sie auf meinem Schreibtisch. Hilft mir gelegentlich Ordnung zu halten wenn Büroklammern ausser Rand und Band geraten. Und vor allem erinnert sie mich daran über den Wert von Dingen nachzudenken. In einer Zeit in der alles auf kurzfristigen Verbrauch, auf Hopp und Ex ausgerichtet ist das nützlich. Finde ich jedenfalls.
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(e)Mail für Dich....
Am 31. Juli 2007
...sagte der Postbote vor genau 99 Jahren zu meiner Großmutter. Großmutter war damals noch ein Teenie. Oder wie man damals sagte ein Fräulein. Umgangssprachlich auch als Backfisch geneckt. Das Fräulein Anna war gerade in die große Stadt gekommen, dem Ruf der Liebe folgend. Natürlich gab es nicht etwa so etwas wie eine wilde Ehe. Von wegen! Es herrschten Sittsamkeit und Ordnung. Fräulein Anna war wohl und sicher bei Verwandten unter gebracht und half im Haushalt. So konnte der Liebste sich zur gleichen Zeit in einer völlig anderen Ecke der Welt herum treiben. Wichtige Geschäfte hatten ihn im Jahre 1908 nach Kyoto verschlagen. Die Reise nach Kyoto hatte etliche Wochen gedauert. Wochen in denen Sehnsucht und der Wunsch, etwas über das Schicksal des Geliebten zu erfahren geradezu übermächtig waren. Aber es gab ja gottlob (e)Mail. Sogar mit Bildübertragung:

Und so war es möglich mit der Geliebten in der Heimat in engem Kontakt zu stehen. Man musste nur einfach jeden Tag eine kleine Mail auf den Weg bringen, die traf dann nach rund vier bis sechs Wochen bei der Empfängerin ein. Manchmal dauerte es auch acht Wochen oder gar zehn wenn Schiffe wegen derber Orkane oder andere Imponderabilien wie etwa dem Kampf mit ein paar Seeräubern leicht verspätet eintrafen. Was machten da zwei Wochen schon aus. Natürlich konnte die (e)Mail auch auf dem Landwege befördert werden, wie diese hier: via Sibirien. Man musste nur einfach jeden Tag eine Mail auf den Weg bringen und so war ein stetiger Informationsaustausch sicher gestellt. Informationen über Wetter, Verwandte und vor allem darüber dass man(n) gesund und munter war.

Natürlich wurden diese (e)Mails gespeichert. Sorgsam und so, dass sie nunmehr hundert Jahre relativ problemlos überstanden haben ohne dass etwa ein Umkopieren, Speichern auf neuen Datenträgern oder andere Sicherungsmassnahmen erforderlich wären. Zu Hunderten in dicken, schweren Alben geordnet, sorgsam im schweren eichenen Bücherschrank gehortet, der just zum Zwecke der Aufbewahrung wirklich wichtiger Dinge vor Generationen angeschaftt wurde. Und so wie die Dinge stehen werden die Botschaften auch weitere hundert Jahre von der Geschäftsreise des Geliebten in ein fernes Land beredtes Zeugnis ablegen.
Das soll so eine Festplatte, eine CD-Rom oder eine DVD erst mal nachmachen.

Und so war es möglich mit der Geliebten in der Heimat in engem Kontakt zu stehen. Man musste nur einfach jeden Tag eine kleine Mail auf den Weg bringen, die traf dann nach rund vier bis sechs Wochen bei der Empfängerin ein. Manchmal dauerte es auch acht Wochen oder gar zehn wenn Schiffe wegen derber Orkane oder andere Imponderabilien wie etwa dem Kampf mit ein paar Seeräubern leicht verspätet eintrafen. Was machten da zwei Wochen schon aus. Natürlich konnte die (e)Mail auch auf dem Landwege befördert werden, wie diese hier: via Sibirien. Man musste nur einfach jeden Tag eine Mail auf den Weg bringen und so war ein stetiger Informationsaustausch sicher gestellt. Informationen über Wetter, Verwandte und vor allem darüber dass man(n) gesund und munter war.

Natürlich wurden diese (e)Mails gespeichert. Sorgsam und so, dass sie nunmehr hundert Jahre relativ problemlos überstanden haben ohne dass etwa ein Umkopieren, Speichern auf neuen Datenträgern oder andere Sicherungsmassnahmen erforderlich wären. Zu Hunderten in dicken, schweren Alben geordnet, sorgsam im schweren eichenen Bücherschrank gehortet, der just zum Zwecke der Aufbewahrung wirklich wichtiger Dinge vor Generationen angeschaftt wurde. Und so wie die Dinge stehen werden die Botschaften auch weitere hundert Jahre von der Geschäftsreise des Geliebten in ein fernes Land beredtes Zeugnis ablegen.
Das soll so eine Festplatte, eine CD-Rom oder eine DVD erst mal nachmachen.
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