***mittendrin und zwischendurch***
Kinderkram...
Am 16. Juni 2007
....wieder entdeckt bei der archäologischen Reise durch jahrelang nicht mehr umgegrabene Umzugskartons. Ein Spielzeug. Entdeckt habe ich es im Norden Thailands, mittlerweile ist das gut dreissig Jahre her. Ich war einige Tage in Chiang Mai und hatte vor von dort aus mit einer Gruppe noch weiter ins Land hinein zu wandern. Bangkok hatte ich hinter mir gelassen. Das touristische Bangkok sowieso. Alle erklärten mich für verrückt und wahnsinnig dass ich es vorzog stundenlang durch Chinatown und die benachbarten Viertel zu streifen, zu schwitzen, Teil zu werden ein Stück weit wenigstens und für einen Moment einer Gesellschaft die so weit von meiner entfernt war. Im Moment des Schreibens steigt mir gerade der Duft des gewürzten Hähnchenschenkels in die Nase, den ich damals an einer der direkt auf der Strasse aufgebauten Garküchen mit grossem Genuss verzehrt habe. Einen Tag später war ich mit dem Zug nach Norden gefahren. Chiang Mai war damals eine noch schlafende Stadt. Ich entsinne mich noch an das alte, von einem Engländer geführte Chiang Inn, einem Hotel in dem der Gast noch mehr als ein zahlender betriebswirtschaftlich zu erfassender Faktor war. Wenige Tage später fuhren wir dann los, rauf in die Berge. Bis in Gegenden nahe der Grenze zu Birma wo auch unser Fahrer nicht mehr weiter wollte und wir seinem Rat folgten. Auf dem Rückweg gab es dann da diesen Markt. Und dort entdeckte ich ihn, den kleinen Reiter:



Ein Kinderspielzeug, so um die hundert, hundertfünfzig Jahre alt. Das allerdings habe ich erst erfahren als wir zu Hause waren, der kleine Reiter und ich. Und auch eher durch Zufall denn der "Wert" des kleinen Reiters bestand für mich in der Freude die meine damals vier Jahre alte Tochter mit ihm hatte. Und die Erinnerungen die uns verbanden, den kleinen Reiter und mich. Ich stelle mir das Kind vor das damit gespielt hat. Es muss ein Kaiser unter Königen gewesen sein. Der kleine Reiter ist aus Bronze gegossen, in verlorener Form. Jeder vor und nach ihm angefertigte Reiter hat anders ausgesehen. Achsen und Räder, auch aus Metall, stecken in unbeholfen geformten Ösen, auch gegossen und sozusagen verschlossen für die Ewigkeit. Es sind so viele Details an diesem kleinen Bronzereiter dass es für ein Spielzeug geradezu unheimlich ist. HIer mal ein Detail von Satteldecke und Zaumzeug.



An anderer Stelle zeigt sich dann wieder, dass wer immer diese Figuren herstellte auch der Gedanke an Wirtschaftlichkeit nicht weit war. Das Pferd ist auf der Unterseite eher einfach ausgeführt, man kann ein paar Spuren der Gußform entdecken. Spuren der Werkzeuge mit denen die Lehmformn gestaltet wurde in der der kleine Reiter sozusagen das Licht der Welt erblickte und die sich auf ihn übertragen haben. Wenn ich mir überlege was da heute den Kindern an Plastikmüll als Spielzeug vorgeworfen wird dann frage ich mich wo da die Phantasie bleibt. Ganz zu schweigen von der Frage nach dem Wort "Spielwert" oder Ähnlichem. Ich kann mir gut vorstellen wie der kleine Reiter seinem Besitzer gefolgt ist. Gezogen an einem Strick aus irgendwas, gezogen durch den extrem feinen, braunroten Lehmstaub der dort oben überall ist. Wie er angespornt wurde schneller zu reiten, wie sehr er von anderen Kindern begehrt wurde. Wie er wie ein Schatz gehütet wurde. Wohl auch von einer Generation in die nächste weiter gegeben wurde. So lange bis er gegen ein paar kurzlebige glitzernde Perlen aus Plastik eingetauscht wurde, ein billiges Transistorradio aus China vielleicht, ein paar billige Fetzen deren Besitz wertvoller oder wichtiger war als das Bewahren eigener Geschichte. Im Moment hat er erst mal wieder einen Ehrenplatz dort wo ich arbeite. Erinnert mich daran dass es irgendwie immer weiter geht, dass nichts ausser der Veränderung beständig ist. Und ich werde ihn zu gegebener Zeit weiter geben. Mit der Bitte ihn zu bewahren und dann wiederum weiter zu geben wenn es an der Zeit ist. Ich glaube nur so kann Geschichte entstehen und wachsen.

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