Doppelt genäht
Am 21. August 2007
„Nun zieh doch endlich mal den Bauch ein!“ hörte ich die energische Frauenstimme hinter dem Vorhang der Umkleidekabine in der Abteilung Herrenmode sagen. Ich selbst kaufe ja kaum noch Hosen oder Anzüge seit dem die Hersteller dazu übergegangen sind, nur noch pre-shrinked – also ab Werk eingelaufene – Ware anzubieten. Ha, von wegen ich habe jetzt eine Bauchgröße. Von wegen. Mein Bauch ist immer noch der Gleiche. Aber die Zuschnitte haben sich dramatisch geändert. So nicht, meine Herrschaften Hosenproduzenten. Passt Euch gefälligst den evolutionären Gegebenheiten an und behauptet nicht dass ich jetzt eine Bauchgröße hätte. Ha!
Der energische Befehl den Bauch nun endlich doch mal einzuziehen veranlasste mich auf einem der vor den Umkleidekabinen zwanglos herumstehenden Besuchersesseln Platz zu nehmen. Zumal hier nicht von meinem Bauch die Rede war. Ich habe nämlich nichts zum Einziehen.
„Nun mach doch endlich mal!“ die weibliche Stimme legte an Schärfe zu.
„Pzzzrrrööttttschpfffftttttttttröbrazzöllllllpfffft.......“ Der ertönende Laut hatte eine verblüffend große Ähnlichkeit mit dem Geräusch, das entsteht, wenn man aus einem gerade aufgeblasenem Luftballon die Luft wieder ausströmen lässt und dabei die Öffnung ein klein wenig zukneift. Ein Geräusch das in seiner Anmutung irgendwo zwischen heiserem Kontratenor und Notflatulenz liegt.
Kurz darauf öffnete sich der Vorhang der Umkleidekabine und ich konnte endlich die Darsteller bewundern. Sie mochte irgendwo in den beginnenden Fünzigern sein. Typische Nordic-Walkerin mit Schwielen auf den äußeren Handballen, die auf konsequent energisches am Stöckchen gehen schließen ließen. Auch die Stimmbänder besagter Dame schienen Schwielen zu haben, so rau klang die Stimme. Charakteristisch für jahrzehntelangen Glimmstängel – Abusus mit nachfolgendem Fitnesswahn. Solariumgebräunte Haut passte sich perfekt an eine Frisur vom Typ Windsbraut an, deren fransige Endausläufer von einem neckischem Plastikschmetterling zusammen gehalten wurden der es sich auf einer Art Aktenklammer bequem gemacht hatte. Weiße Leinenschuhe mit dezentem Gilb und verwaschene Jeans mit aufgeschlagenen Beinenden komplettierten das Bild.
Das männliche Gegenstück steckte in einer Hose in House - Check Karo-Design. Bestes vier – Wege Stretchmaterial aus dem fernen Taiwan, gesponnen aus den ausgesuchtesten Pet – Pfandflaschen Europas. Chemie pur aber von einer Elastizität und Reißfestigkeit von der die Segelmacher, die für Admirals-Cup-Yachten schneidern, in ihren Fieberträumen fantasieren. Das rote Gesicht des männlichen Protagonisten ließ auf fortgeschrittene Hypertonie schließen. Der schüttere, straßenköterfarbige Haarkranz auf langes Leiden an der Seite der ex-rauchenden Nordic – Walking - Koryphäe mit spät erwachtem Wellness – Syndrom. Da machte es wenig aus dass das Opfer auch noch ein kariertes Hemd trug, dessen Farbstellung in Verbindung mit dem Karo der Stretchhose beim unbeteiligten Betrachter einen spontan - akuten Migräneanfall, mindestens jedoch heftigst tränende Augen auszulösen vermochte. Dass das Opfer zusätzlich auf weißen Tennissocken einher schritt war nur noch ein kleines I-Tüpfelchen zur Abrundung der Performance.
„Na also, sieht doch gaaaar nicht so schlecht aus!“ sprach die Nordic - Walkerin mit sonorer Stimme, wobei sie das „a“ in gaaaarnicht genussvoll dehnte und so anklingen ließ dass sie sich ihrer Strategie sicher war. Ein männliches Wesen welches in eine derart lächerliche und dramatisch zu enge Hose eingeschirrt war konnte nichts anderes mehr tun als seiner Dompteuse mit gesenktem Kopf folgen. Die Verkäuferin, einen Sonderbonus für den Verkauf eines langjährigen Ladenhüters witternd, folgte dem Paar diensteifrig zu einem der herumstehenden Spiegel.
„Das sieht wirklich nicht schlecht aus!“ sagte sie und machte eine Handbewegung die ein Mittelding zwischen Kreuzen der Schwurfinger und den Vorboten um sich greifender Gicht war. „Und der Stoff ist wirklich klassisch – den können Sie kombinieren ohne Ende!“
Vor meinem inneren Auge zog eine Reigen möglicher Kombinationen vorbei: pseudoschottisches Karo mit schrillem Orange, mit Hawaii Hemden, mit hellblauen Hemden mit Krawatten mit Mickey - Mouse Figuren in tschitscheringrün bis schocklila, vielleicht ein Samtsakko in Rosa dazu. Die Frau hatte Recht – es gab endlose Kombinationsmöglichkeiten und nicht eine Einzige war in der Lage, die Schmach des Karobehosten auch nur annähernd optisch zu mindern. Dann allerdings geschah etwas Unverhofftes.
„Nun beweg Dich endlich doch mal – Du stehst ja rum wie eine Mülltonne!“ sprach die ex-rauchende Nordic – Walkerin. Es folgte eine mich zutiefst beeindruckende Demonstration der Auflehnung. Nur eine bis aufs Blut gequälte Kreatur ist dazu fähig.
Das Opfer bewegte sich, wie ihm befohlen wurde. Langsam aber sicher spreizte es die Oberschenkel, ging langsam mehr und mehr in die Hocke. Die eben noch frohlockende Verkäuferin stieß leise, spitze Schreie aus, der ex – rauchenden Nordic-Walkerin verschlug es die Sprache. Das Opfer holte tief Luft. Dann ließ es sich weiter in die Hocke sinken und genoss das Geräusch krachend berstenden Gewebes. Doppelt gezwirntes Garn beugte sich schierer Gewalt. Ein Lächeln umspielte das Gesicht des Opfers. Wohl wissend um die Endgültigkeit des soeben Geschehenen schritt es mit würdevoll angemessenem Tempo zurück in die Geborgenheit seiner Umkleidekabine. Augenblicke später flog die gemeuchelte Karohose über den oberen Gardinenrand, dann trat er triumphierend zurück in die Manege.
„Schade,“ sagte er und zwinkerte mir zu, „aber die Verarbeitung ist ja wirklich unter aller Kanone.“
Der energische Befehl den Bauch nun endlich doch mal einzuziehen veranlasste mich auf einem der vor den Umkleidekabinen zwanglos herumstehenden Besuchersesseln Platz zu nehmen. Zumal hier nicht von meinem Bauch die Rede war. Ich habe nämlich nichts zum Einziehen.
„Nun mach doch endlich mal!“ die weibliche Stimme legte an Schärfe zu.
„Pzzzrrrööttttschpfffftttttttttröbrazzöllllllpfffft.......“ Der ertönende Laut hatte eine verblüffend große Ähnlichkeit mit dem Geräusch, das entsteht, wenn man aus einem gerade aufgeblasenem Luftballon die Luft wieder ausströmen lässt und dabei die Öffnung ein klein wenig zukneift. Ein Geräusch das in seiner Anmutung irgendwo zwischen heiserem Kontratenor und Notflatulenz liegt.
Kurz darauf öffnete sich der Vorhang der Umkleidekabine und ich konnte endlich die Darsteller bewundern. Sie mochte irgendwo in den beginnenden Fünzigern sein. Typische Nordic-Walkerin mit Schwielen auf den äußeren Handballen, die auf konsequent energisches am Stöckchen gehen schließen ließen. Auch die Stimmbänder besagter Dame schienen Schwielen zu haben, so rau klang die Stimme. Charakteristisch für jahrzehntelangen Glimmstängel – Abusus mit nachfolgendem Fitnesswahn. Solariumgebräunte Haut passte sich perfekt an eine Frisur vom Typ Windsbraut an, deren fransige Endausläufer von einem neckischem Plastikschmetterling zusammen gehalten wurden der es sich auf einer Art Aktenklammer bequem gemacht hatte. Weiße Leinenschuhe mit dezentem Gilb und verwaschene Jeans mit aufgeschlagenen Beinenden komplettierten das Bild.
Das männliche Gegenstück steckte in einer Hose in House - Check Karo-Design. Bestes vier – Wege Stretchmaterial aus dem fernen Taiwan, gesponnen aus den ausgesuchtesten Pet – Pfandflaschen Europas. Chemie pur aber von einer Elastizität und Reißfestigkeit von der die Segelmacher, die für Admirals-Cup-Yachten schneidern, in ihren Fieberträumen fantasieren. Das rote Gesicht des männlichen Protagonisten ließ auf fortgeschrittene Hypertonie schließen. Der schüttere, straßenköterfarbige Haarkranz auf langes Leiden an der Seite der ex-rauchenden Nordic – Walking - Koryphäe mit spät erwachtem Wellness – Syndrom. Da machte es wenig aus dass das Opfer auch noch ein kariertes Hemd trug, dessen Farbstellung in Verbindung mit dem Karo der Stretchhose beim unbeteiligten Betrachter einen spontan - akuten Migräneanfall, mindestens jedoch heftigst tränende Augen auszulösen vermochte. Dass das Opfer zusätzlich auf weißen Tennissocken einher schritt war nur noch ein kleines I-Tüpfelchen zur Abrundung der Performance.
„Na also, sieht doch gaaaar nicht so schlecht aus!“ sprach die Nordic - Walkerin mit sonorer Stimme, wobei sie das „a“ in gaaaarnicht genussvoll dehnte und so anklingen ließ dass sie sich ihrer Strategie sicher war. Ein männliches Wesen welches in eine derart lächerliche und dramatisch zu enge Hose eingeschirrt war konnte nichts anderes mehr tun als seiner Dompteuse mit gesenktem Kopf folgen. Die Verkäuferin, einen Sonderbonus für den Verkauf eines langjährigen Ladenhüters witternd, folgte dem Paar diensteifrig zu einem der herumstehenden Spiegel.
„Das sieht wirklich nicht schlecht aus!“ sagte sie und machte eine Handbewegung die ein Mittelding zwischen Kreuzen der Schwurfinger und den Vorboten um sich greifender Gicht war. „Und der Stoff ist wirklich klassisch – den können Sie kombinieren ohne Ende!“
Vor meinem inneren Auge zog eine Reigen möglicher Kombinationen vorbei: pseudoschottisches Karo mit schrillem Orange, mit Hawaii Hemden, mit hellblauen Hemden mit Krawatten mit Mickey - Mouse Figuren in tschitscheringrün bis schocklila, vielleicht ein Samtsakko in Rosa dazu. Die Frau hatte Recht – es gab endlose Kombinationsmöglichkeiten und nicht eine Einzige war in der Lage, die Schmach des Karobehosten auch nur annähernd optisch zu mindern. Dann allerdings geschah etwas Unverhofftes.
„Nun beweg Dich endlich doch mal – Du stehst ja rum wie eine Mülltonne!“ sprach die ex-rauchende Nordic – Walkerin. Es folgte eine mich zutiefst beeindruckende Demonstration der Auflehnung. Nur eine bis aufs Blut gequälte Kreatur ist dazu fähig.
Das Opfer bewegte sich, wie ihm befohlen wurde. Langsam aber sicher spreizte es die Oberschenkel, ging langsam mehr und mehr in die Hocke. Die eben noch frohlockende Verkäuferin stieß leise, spitze Schreie aus, der ex – rauchenden Nordic-Walkerin verschlug es die Sprache. Das Opfer holte tief Luft. Dann ließ es sich weiter in die Hocke sinken und genoss das Geräusch krachend berstenden Gewebes. Doppelt gezwirntes Garn beugte sich schierer Gewalt. Ein Lächeln umspielte das Gesicht des Opfers. Wohl wissend um die Endgültigkeit des soeben Geschehenen schritt es mit würdevoll angemessenem Tempo zurück in die Geborgenheit seiner Umkleidekabine. Augenblicke später flog die gemeuchelte Karohose über den oberen Gardinenrand, dann trat er triumphierend zurück in die Manege.
„Schade,“ sagte er und zwinkerte mir zu, „aber die Verarbeitung ist ja wirklich unter aller Kanone.“
excuses,
2007.08.22, 01:52
viel zu spät, um noch diesen ganzen Text zu lesen. Morgen ist auch noch ein Tag. Habe den ganzen Abend damit verbracht, einen passenden Blog-server zu finden. Myblog hat mir sämtliche Fotos gelöscht. Jetzt ist excusez alias excuses als französische Variante unter
http://excusez.wordpress.com/ zu finden. Wenigstens kann ich dort die Fotos größer einstellen. Jeder Ärger hat auch sein Gutes.
Alors bonne nuit et au revoir à bientôt
http://excusez.wordpress.com/ zu finden. Wenigstens kann ich dort die Fotos größer einstellen. Jeder Ärger hat auch sein Gutes.
Alors bonne nuit et au revoir à bientôt