Schatztruhe...
Am 27. August 2007
...gefunden. Tief unten in einem der Umzugskartons, die seit Jahren herum standen und nun, vor der nächsten Reise, endlich mal auf wirklich wichtige Schätze überprüft werden.
"Reise leicht" war die Devise meiner elsässischen Großmutter Anna, die mir nicht nur wegen ihrer formidablen Kochkünste für immer im Gedächtnis und im Herzen bleiben wird. Eine kleine, zierliche aber durchaus resolute Frau, deren erster Satz bei einem meiner häufigen Besuche stets lautete: der Bub braucht ä Worrrschdbrood. Gesprochen mit dem typischen Akzent wie man ihn nur zwischen Elsass und südlichem Saarland kennt. Und dann gab es feinstes, selbst gebackenes Schwarzbrot, dick bestrichen mit leicht gesalzener Butter und gekrönt mit dachziegelartig aufgeschichteter hausgemachter Cervelatwurst oder köstlicher Salami aus der Manufaktur (sic!) des lokalen Metzgermeisters. Beim Essen verstand Anna Frey, geborene Hoock, keinen Spass. Da gab es keine Kompromisse.
Das Hochzeitskästchen ist schon seit Generationen im Besitz der Familie. Es muss schon meiner Urgrossmutter lieb und wert gewesen sein. Hugenottisches Blut, aus den Niederlanden nach dem Elsass verschlagen. Schade dass es nicht erzählen kann, das Kästchen. Das wäre bestimmt spannend. Und interessant. Es ist mit einfachem Schnitzwerk verziert, aber dennoch hübsch.
Das Schloss ist mit einem kleinen Löwenkopf verziert. Es muss den Schöpfer des Kästchens ein kleines Vermögen gekostet haben. Und dabei ist es eigentlich völlig zwecklos. Denn der dünne Boden des Kästchens liesse sich problemlos mit einem einfachen Schraubenzieher aus seiner Fassung lösen, er wird nur von ein paar kleinen Nägelchen gehalten. Aber dann würde das Kästchen seine Schätze nicht mehr halten können:
Ein paar Hände voller Münzen aus aller Herren Länder. Den Jahreszahlen nach sind die zwischen 1890 und 1930 mal Wert gewesen. Einige davon sorgfältig in Streichholzschachteln geordnet. Die tragen die Handschrift meines Großvaters und verweisen auf die Herkunftsländer: Türkei und andere Länder die damals in der Vorstellung des Reisenden so weit entfernt waren wie es heute vermutlich der Megatrip ins Weltall ist. Ein Rubelschein aus dem Jahr 1929 zeugt davon dass meine Vorfahren den friedlichen Austausch von Waren mit dem fernen Osten als völlig normal betrachteten. Um so mehr scheint unerklärlich, dass man ein paar Jahre später hemmungslos mit Schießzeug aufeinander los ging. Und das obwohl ein paar Jahre zuvor, wie ebenfalls durch Dokumente überliefert ist, die Familie Blutzoll für die wahnwitzigen Ideen und Fantasien der herrschenden Kaste zahlte. Genau besehen bezahlte ihn der Neffe meines Großvaters, der "von einer Granate des Feindes im Unterleib getroffen für das Vaterland fiel". Man hätte also davon ausgehen dürfen dass Geschichte eine Geschichte erzählt.
Und dann sind da noch die Pfennigmünzen mit dem schönen Spruch "sich Regen bringt Segen". Alles von vorne, the same procedure as every centennial, I suppose...
"Reise leicht" war die Devise meiner elsässischen Großmutter Anna, die mir nicht nur wegen ihrer formidablen Kochkünste für immer im Gedächtnis und im Herzen bleiben wird. Eine kleine, zierliche aber durchaus resolute Frau, deren erster Satz bei einem meiner häufigen Besuche stets lautete: der Bub braucht ä Worrrschdbrood. Gesprochen mit dem typischen Akzent wie man ihn nur zwischen Elsass und südlichem Saarland kennt. Und dann gab es feinstes, selbst gebackenes Schwarzbrot, dick bestrichen mit leicht gesalzener Butter und gekrönt mit dachziegelartig aufgeschichteter hausgemachter Cervelatwurst oder köstlicher Salami aus der Manufaktur (sic!) des lokalen Metzgermeisters. Beim Essen verstand Anna Frey, geborene Hoock, keinen Spass. Da gab es keine Kompromisse.
Das Hochzeitskästchen ist schon seit Generationen im Besitz der Familie. Es muss schon meiner Urgrossmutter lieb und wert gewesen sein. Hugenottisches Blut, aus den Niederlanden nach dem Elsass verschlagen. Schade dass es nicht erzählen kann, das Kästchen. Das wäre bestimmt spannend. Und interessant. Es ist mit einfachem Schnitzwerk verziert, aber dennoch hübsch.
Das Schloss ist mit einem kleinen Löwenkopf verziert. Es muss den Schöpfer des Kästchens ein kleines Vermögen gekostet haben. Und dabei ist es eigentlich völlig zwecklos. Denn der dünne Boden des Kästchens liesse sich problemlos mit einem einfachen Schraubenzieher aus seiner Fassung lösen, er wird nur von ein paar kleinen Nägelchen gehalten. Aber dann würde das Kästchen seine Schätze nicht mehr halten können:
Ein paar Hände voller Münzen aus aller Herren Länder. Den Jahreszahlen nach sind die zwischen 1890 und 1930 mal Wert gewesen. Einige davon sorgfältig in Streichholzschachteln geordnet. Die tragen die Handschrift meines Großvaters und verweisen auf die Herkunftsländer: Türkei und andere Länder die damals in der Vorstellung des Reisenden so weit entfernt waren wie es heute vermutlich der Megatrip ins Weltall ist. Ein Rubelschein aus dem Jahr 1929 zeugt davon dass meine Vorfahren den friedlichen Austausch von Waren mit dem fernen Osten als völlig normal betrachteten. Um so mehr scheint unerklärlich, dass man ein paar Jahre später hemmungslos mit Schießzeug aufeinander los ging. Und das obwohl ein paar Jahre zuvor, wie ebenfalls durch Dokumente überliefert ist, die Familie Blutzoll für die wahnwitzigen Ideen und Fantasien der herrschenden Kaste zahlte. Genau besehen bezahlte ihn der Neffe meines Großvaters, der "von einer Granate des Feindes im Unterleib getroffen für das Vaterland fiel". Man hätte also davon ausgehen dürfen dass Geschichte eine Geschichte erzählt.
Und dann sind da noch die Pfennigmünzen mit dem schönen Spruch "sich Regen bringt Segen". Alles von vorne, the same procedure as every centennial, I suppose...
frau stella,
2007.08.28, 00:43
Die alten Dinge erzählen manchmal so viel mehr als man vermutet. Öffnen Fenster in eine andere Zeit.
Ich habe noch eine alte Reisetruhe, mit der meine Großmutter nach dem 2. Weltkrieg von Badenwürtemberg wieder nach Hause Richtung Bremen gereist ist. Ihre Adresse steht draussen groß draufgeschrieben. Drinnen aber steht eine andere Adresse. Die eines Juden, dem die Truhe mal gehörte.
Und schon wird die Truhe lebendig und Geschichten purzeln aus ihr heraus, von denen man gerne mehr gewußt hätte.
Schade das die Dinge nicht wirklich sprechen können....
Ich habe noch eine alte Reisetruhe, mit der meine Großmutter nach dem 2. Weltkrieg von Badenwürtemberg wieder nach Hause Richtung Bremen gereist ist. Ihre Adresse steht draussen groß draufgeschrieben. Drinnen aber steht eine andere Adresse. Die eines Juden, dem die Truhe mal gehörte.
Und schon wird die Truhe lebendig und Geschichten purzeln aus ihr heraus, von denen man gerne mehr gewußt hätte.
Schade das die Dinge nicht wirklich sprechen können....
laura,
2007.12.07, 15:58
Danke für die Kindheitserinnerungen, die Münzen kenne ich.
Gruß Laura
Gruß Laura